Schnitt - zu Hause am Computer: irgendein Professor behauptet, ich hätte das Konfidenzintervall für die Abschätzung meines Analysenwerts falsch angegeben. Wie ich das hasse, ich will Chemiker werden, nicht Mathe-Fuzzi. Also Max anrufen, der kennt sich aus mit dem Mathe-Zeugs. Max meint, da muss man y-dach nehmen, weil das den Schätzwert mit dem richtigen Konfidenzintervall angibt. Mehr ist auch aus Max nicht herauszubekommen, weil grade Tina bei ihm ist, und Konfidenzintervalle für ihn momentan nicht so arg wichtig sind. Am besten ich suche mir eine Freundin aus der Mathematik, da kann man dann das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Ah verdammt, das wird sich nicht ausgehen, ich muss die Korrektur bis morgen abgeben.
Also, eine Rauchpause, und dann googeln: "konfidenzintervall regression".... na da kommt ja einiges an Material hoch. Gewohnheitsmäßig klicke ich auf Wikipedia - obwohl in letzter Zeit bin schon oft arg eingefahren, in den Wikipediaeinträgen steht auch nicht immer das Gelbe vom Ei. Oh, Wikipedia bietet ja eine Menge Stoff zum Thema. Verdammt, beim Runterscrollen tauchen da ja Formeln auf, die mir alle spanisch vorkommen, und die Regression wird in diesem Artikel zwar erwähnt, aber in Zusammenhang mit den Koeffizienten, ist wohl nicht mein Problem. Also weiter, zu anderen Google-Ergebnissen, ah ja, da gibt es ja noch einen Wikipedia-Eintrag, explizit zur Regressionsanalyse. Enttäuschung - das einzige was Wikipedia in diesem Artikel dazu anbietet ist folgender geniale Satz: "Häufig wird neben dem prognostizierten Wert von y auch ein Konfidenzintervall angegeben, um so die Unsicherheit der Prognose abzuschätzen." - Ah ja, dacht ich mir's doch, das hilft ja wirklich weiter.
Vielleicht sollte ich es doch zur Abwechslung mit einem Buch probieren - aber mit welchem? Genaugenommen bin ich zu faul, in die Bibliothek zu pilgern, und jetzt ist es ohnehin schon zu spät. Also weiter im Internet stöbern. Ah da! Ein Eintrag in MatheBoard. Na die Damen und Herren kennen sich ja ziemlich aus. Da ist von "deskreptiver Statistik" die Rede (ich dachte das heißt doch "deskriptiv", oder?) und von einem "Bland-Altman-Plot" - was auch immer das ist. Alles Selbstdarsteller, jeder wirft mit Ausdrücken herum, keiner kann's erklären. Ah, da gibt es noch einen Link auf Wikipedia, auch zur Regression, aber ein anderer Artikel als die bisher besuchten. Mal sehen.... Schaut so aus, als ob das genau mein Problem behandelt. Aber schon wieder Formeln - keine Chance, ich bin dabei Chemiker zu werden, nicht Mathematiker.
Na was mache ich nun? Ist irgendwie doof, ich werd einfach y-dach hinschreiben, vielleicht schluckt der Prof. es ja, und morgen bei der Besprechung werde ich um mein Leiberl reden, ein paar Kraftausdrücke, wie "Konfidenzintervall", "Residuum" und "Heteroskedastizität" kann ich ja zumindest schon aussprechen.... (Mann, bin ich froh, wenn endlich Weihnachten ausbricht).
Nachdem ich inzwischen einige Male gefragt wurde, wieso ich mich so gut in die Studierenden hineindenken kann (trotz meines fortgeschrittenen Alters), hier ein paar Erklärungsversuche:
AntwortenLöschen1) ich war ja auch mal ein Studierender (lang ist es her, leider!)
2) nach 120 Besprechungen, für die bei rund 100 Studierenden obiges Vorbereitungs- und Lernmuster anscheinend Pate gestanden hat, kann man einfach nicht mehr, man muss sich seinen Frust von der Seele schreiben....
3) ich freue mich über jede(n) Studierende(n), der/die nicht nach obigem Muster agiert, sondern tatsächlich versucht, den Dingen auf den Grund zu gehen.